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Onkel Hassan aus Dakhla

WIR SIND SÖHNE DER WÜSTE
von Uta Mohr

Heute möchte ich euch aus unserer Beduinenfamilie unseren Onkel Hassan vorstellen. Onkel Hassan hat noch das aussterbende Handwerk des Karawannenführers gelernt und ist der unbestrittene Kamelkenner unserer Familie. Für ihn sind Kamele ein Segen Allahs. Mit seinem Vater zog er bereits als 15-jähriger mit den Karawanen von unserer Oase an den Nil und brachte die Waren der Oasenbewohner dort hin, die dort verkauft wurden. Auf dem Rückweg brachten sie Waren in die Oase, die es hier nicht gab.
Seitdem die Oasen durch Asphatstraßen mit dem Nil verbunden sind, also seit ca. 25 Jahren, ziehen die Karawanen nicht mehr durch die Wüste zum Nil. Aber es gibt nach wie vor noch den Kamelhandel, dem Onkel Hassan bislang treu geblieben ist. Er zieht junge Kamele auf und verkauft sie dann wieder. Seine Tiere liebt er und geht ganz fürsorglich mit ihnen um. Sie respektieren ihn. Für mich ist er ein "Kamelflüsterer". Es ist einfach eine Freude ihn mit den Tieren zu sehen, sie sind quasi eine Einheit.
Das Kamel ist für die Beduinen nicht nur ein Last- und Reittier. Ihre Milch und auch der Urin werden als Naturheilmitttel nach wie vor eingesetzt und so wenden sich Kranke an sie, um dieses zu erhalten z.B. bei Lebererkrankungen oder einfach zur Stärkung der Abwehrkräfte. Die Beduinen geben ihnen das kostenlos.
Onkel Hassan ist mit der Wüste, seinem Lebensraum, tief verwachsen und sagt: "Wir sind Söhne der Wüste. Die Wüste ist unsere Mutter und unsere Lehrmeisterin und die gibt uns Heilpflanzen. Wir bringen unseren Kindern bei, wie man in der Wüste seinen Weg findet. Nachts orientieren wir uns an den Sternen und tagsüber an den Felsen. Die Wüste gibt uns viel Gutes."
So ist sein Leben noch sehr traditionell. Er lebt jetzt in einem Dorf in der Oase Farafra mit seiner großen Familie. Sein Vater hat ihm drei Frauen zugeteilt. Gegen das Wort des Vaters darf sich keiner stellen. Mit diesen drei Frauen hat Onkel Hassan 21 Kinder und inzwischen gibt es auch schon einige Enkelkinder. In seinem Haus geht es also sehr turbulent, fröhlich und liebevoll zu. Alle seine Kinder besuchen die Schule, die er nie besucht hat.
Seine drei Frauen sprechen sehr gut über ihn und sagen:

  • "Er ist hilfsbereit, er ist gastfreundlich und großzügig." – sagt eine.
  • "Er sorgt gut für seine Familie. Er hat die Menschen gerne. Er ist meistens lustig und streitet sich mit keinem." – sagt eine andere.
  • "Er ist ein guter Mann. Als die beiden jüngeren Frauen dazu kamen, hat er mich trotzdem behalten und mich nicht verstoßen." – sagt die erste Frau.

Und natürlich liebt Onkel Hassan seine drei Frauen und sagt: " Jede von ihnen hat ihren eigenen Geschmack und jede ist süß."
Seit ich vor etwa 6 Jahren Onkel Hassan kennen gelernt habe, gibt es eine tiefe Verbundenheit zwischen uns. Und ich kann die Aussagen seiner drei Frauen bestätigen, er ist ausgesprochen gastfreundlich und fröhlich. Aber für mich kommt noch etwas hinzu, was ich neben all dem bisher Gesagten sehr an ihm schätze – er liebt das Leben und ist zufrieden mit dem, was Allah ihm gibt, wie er sagt. Das gibt ihm eine große Ausgeglichenheit und Würde.
Wenn wir mit unseren Gästen Kamelsafaris haben, ist Onkel Hassan natürlich unser Karawanenführer. Mit seinen großen Erfahrungen und Kenntnissen in der Wüste finden alle Gäste sofort Vertrauen zu ihm und lassen sich auf das Abenteuer für sie ein. Sicher leitet er die Karawane durch die Wüste und macht dabei unterwegs seine Späße, singt Beduinenlieder, vollführt einfach mal so ein Freudentänzchen oder zeigt uns seine Kunststückchen mit dem Stock. Abends am Feuer erzählt er gerne Geschichten aus der alten Zeit oder aus seinem Leben. Mit ihm durch die Wüste zu streifen, ist wahres ein Vergnügen und unvergeßlich.