Skip to content Skip to navigation

Harley kontra Joghurtbecher

Tagebuchauszug vom 30.06.2007

... Als mein „Terrassenbüro“ eingerichtet, duftender Kaffee gekocht war, streifte mein Blick übers spiegelglatte Meer und ich wusste, es würde wieder ein wunderbarer Tag auf uns warten. In einer alten Mallorca Zeitung fand ich einen herrlichen Artikel übers „Biken“ auf der Insel. Beim lesen musste ich instinktiv an einen Bekannten- einen leidenschaftlichen Guzzi-Fahrer - denken. Meine Augen huschten durch die Zeilen und ich fuhr in Gedanken „mit“, konnte mir alle Situationen sehr gut vorstellen und sogar die angefahrenen Orte tauchen in meinem Gedächnis auf. Habe sogar - aus eigener Erfahrung mit gelitten - als sich einer der Teilnehmer seine Wade am Auspuff verbrannte.

Aber lest selbst: „Satter Sound und scharfe Kurven“
Wenn Daniel Heerdegen von Colonia Sant Jordi mit seiner Cruiserflotte zu einer Inselrundfahrt aufbricht, sind ihm weitaufgerissene Passantenaugen sicher. Ein- bis zweimal pro Woche trifft sich der 50 jährige mit Gleichgesinnten zum "Ausritt auf Schwermetall". Wer kein eigens Motorrad mit gebracht hat, kann sich bei „Daniels Mallorca-Motor-Bike-Vermietung eine Maschine ausleihen. Voraussetzung: er besteht die „Gesichtskontrolle“. Sein Motto: Die Maschinen sind unser Betriebskapital und die bekommt nur eine/r, die/der auch fahren kann“. Die Strecke, die die kl. Gruppe nun abfährt kennen wir sehr gut. Gegen 10h geht es los. Vier Leute hatten gemietet (drei Yamaha Drag Star 650 u. eine Honda Shadow 750) und einer hatte seine eigene Harley mitgebracht. Für Leute, die keine Ahnung haben sehen alle Maschinen fast gleichaus. Diese Äußerung hören Harleyfahrer überhaupt nicht gern. Die Gruppe wird von Daniel angeführt.
Seine Maschine ist was ganz besonderes. Der gelernte Kfz-Mechaniker aus dem Rheinland sitzt auf einer indischen Enfield 500 und trägt ein T-Shirt mit Harley-Davidson-Logo aus Thailand.
In den Chromteilen spiegelt sich das Azurblau des mallorquinischen Himmels, die Luft nicht zu kalt und nicht zu heiß – einfach ideales Bikerwetter. Die meisten Teilnehmer müssen sich umstellen, denn sie haben keine Cruisererfahrung und sind andere Bikes gewöhnt.
Es dauert nicht lange und von der Drag Star ertönt es: Wo kommt den hier der Zündschlüssel rein? Am Lenker rechts unten! Ach so!
Ein sattes Brummen und der 650 Kubik -V-Motor erzählt allen, das es nun losgehen kann. Aber da ist noch eine Kleinigkeit zu erwähnen: Verzweifelt sucht das linke Bein des Fahrers die Schaltung. „Die ist ganz nach vorne verlegt. Die Fußbremse übrigens auch!“ Auf kleinen Nebenstraßen geht es über Felanitx (umganssprachlich Felanitsch) nach Petra.
Über sanfte Hügel, vorbei an Feldern, hin und wieder grasende Pferde und gackernde Hühnern. Am Dorfplatz von Petra wird die erste Kaffeepause eingelegt. Seitenständer raus, Motor aus und schon zischt es bei einem Fahrer kräftig am Bein. Der für einen Endurofahrer ungewohnt tief liegende Auspuff „bügelt die Hose in Wadenhöhe platt“.
Auch wenn wir keine s.g. Cruisermaschine haben, weiß ich wie sich das anfühlt. Es ist schon einige viel Jahre her. Wir waren auf dem Weg nach Portugal. Damals noch mit der alten "Gummikuh" (BMW 1000 RS). Irgendwie hab ich nicht aufgepasst und mir beim Absteigen die Wadeninnenseite am Auspuff verbrannt. So was passiert einem nur einmal!!
Hinter Camari wartet das Tramuntanagebirge darauf erklommen zu werden. Durch die kleinen Dörfer donnern die Bikes wie ein Gewitter.
„Selbst ohne Hörgerät nehmen die Alten Herren, die sich auf den Bänken zu einen Schwätzchen versammelt haben, von den Motorradfahrern Notiz. Und so mancher erinnert sich angesichts der klassisch geformten Enfield an frühere Jahre. Ein wirklicher Kurvenkönig ist die Drag Star mit ihrem langen Radstand nicht. Dafür nimmt die 230 kg schwere Maschine ohne Mühe jede Steigung und das mit nur 40 PS. Das maximale Drehmoment entfaltet sich bereits bei 3000 Umdrehungen. Selbst am Berg braucht nicht viel hin und her geschaltet zu werden und auf den Geraden fährt man eh fast automatisch. In Richtung Lluc geht es vorbei an schwitzenden Radfahrern, während die Maschinen untertourig an ihnen vorbei säuseln.
Helm ab zur Klosterbesichtigung, zu Fuß versteht sich. Wirkliche Lust hat keiner und schon bald fängt sich der Fahrtwind wieder in den T-Shits. Nach einer Kräftigungspause geht’s weiter bergab nach Soller. Ein Wechselspiel zwischen Sonne und Schatten, keine Kurve sieht gleich aus. Hier trifft man sie an und hört sie schon von weitem, die „jungen möchte gern Motorradfahrer“. Sie jagen mit ihren quäkenden, jaulenden, vor Kraft strotzenden „Jogurtbechern“ dem Tal entgegen. In Badelatschen, kurzen Hosen und Muskelshirt`s, die bis zum Nacken hoch im Wind flattern. Von Soller geht’s weiter nach Valldemossa zu einer letzten Kaffeepause, um dann zum Ausgangspunkt in Palma zurück zu kehren. 232 Inselkilometer vom aller Feinsten liegen hinter den Cruisern. Eine Strecke, die sich hinter der legendären Route 66 sicher nicht zu verstecken braucht - da sie unbeschreiblich schön ist. Mallorca ist hervorragend für erlebnissreiche Touren per Zweirad.

Daniel & Silvia Heerdegen
Avenida Primavera 7b
07638 Colonia de Sant Jordi
Mallorca, Spanien
Telefon: 0034- 971- 655 395
Fax: 0034- 971- 655 472
Mobil: 0034- 647- 916 594