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Ich wär so gern Fernsehkoch

Fernsehköche waren nicht verantwortlich für meine Berufswahl. Das schon mal vorweg.
Damals gab es nur ein paar wenige, an die ich mich aber nicht erinnere. Auch die ganzen Jahre in meinem Berufsleben verliefen ohne TV Shows. Die gab es zwar, aber ich hatte ja nie Zeit für TV (Ein großer Vorteil der Gastronomischen Arbeitszeiten) Internet gab es auch nicht und so musste das Wissen und die Trends von Büchern oder von Gourmet Magazinen kommen. Die Köche dort waren sehr real im Arbeitsprozess und nicht Virtuell omnipräsent. Allerdings kann ich mich erinnern das einmal Sauce Béchamel im Fernsehen gekocht wurde.Das war ein Kleisterbrei wie vom Baumarkt. Daraufhin hat sich mein zweitältester Bruder beschlossen, Koch zu werden. Aber auch er war nicht für meine Berufswahl verantwortlich. Wie denn auch, seit Beginn seiner Ausbildung habe ich ihn nicht mehr gesehen.(Siehe Gastronomische Arbeitszeiten) Hört sich irgendwie an wie Astronomische Arbeitszeiten, fühlt sich auch so an.
Aber so richtig in Kontakt mit dieser Spezies im TV kam ich erst in Ägypten. Nachmittags beim Bürsten des Hundefells unseres Terriers. Normalerweise geht alles was im Fernsehen läuft, in ein Ohr rein und irgendwo anders wieder raus. Je nach Sendung. Aber da blieb etwas hängen. Ich weiß nicht mehr wer es war, später überlegte ich mir, ob für diesen Koch das Fernsehformat 16/9 eingeführt wurde. Jetzt passte auch der volle Bauch auf den Screen! Dieser Küchendoktor produzierte ein Schnitzel. Einfach denkt jeder, aber dem ist nicht so. Es ging ja um eine Gourmet Sendung, nicht Alltagskost. Da fiel das Wort “Panade”, immer und immer wieder. Aber dort wurde nichts mit Panade produziert, alles mit “Panierung” Ok, sollte ein Laie das verwechseln, kein Problem. Aber ein Fachmann darf so etwas nicht verwechseln. Ist ungefähr so, als wenn man Ohm und Volt gleichsetzt. Ist ja alles Strom! Niemand würde C-Körbchen mit C-Klasse verwechseln! Eine Panade ist eine Füllung, sehr oft aus Brandteig hergestellt, auch mal eine normale Mehlschwitze. Früher wurde das unter die Hackfleischmasse gemischt um zu strecken oder die Pampe zu binden. Immer noch in vielen Englischen Pies zu finden. In den Holländischen Kroketten aus Fleisch, Käse, Fisch, Krabben oder Gemüse ist eine Panade als Bindemittel. Aber das was um das Fleisch außen herum kommt, ist eine Panierung. Da fällt mir die Mailänder Panierung ein, die nicht mit Paniermehl gemacht wird. Ein Ei, ein Eigelb, etwas geriebenes Weißbrot und Parmesan darunter mischen bis es andickt. Dann dünne Kalbsschnitzelchen mehlieren und durch die Panierung ziehen. In tiefen heißem Fett goldgelb braten und einfach ein paar gestückelte angeschwenkte Tomaten dazu. Einfach Himmlisch. Köche benutzen den Ausdruck “Angeschwitzt” das bedeutet mit Schalotten und geheimen Zutaten in einer Kasserolle bei moderaten Temperaturen. Schwitzen gehört für den Normalbürger mehr in das FitnessCenter. Aber eben “Paniert” Die Österreicher haben natürlich wieder eine Ausnahme. Bedingt durch das Echo der Berge und den dadurch entstandenen Babylonischen Sprachwirrwar, dürfen die Österreicher “Panier” sagen. Aber nur mit etwas Wiener Schmäh! Das hat die große Kommission der Köche beschlossen, die die längsten Hüte im Guiness Buch der Rekorde eingetragen haben. Aber normalerweise ist eine Panierung eine Kruste, die durch auftragen von Brot oder etwas ähnlichem erzeugt wird. Durch backen in heißem Fett wird das knusprig und schließt das verdampfende Wasser des Fleisches ein und macht es dadurch zarter. In normalen Gaststätten besteht die Kruste aus Paniermehl vom Bäcker oder aus dem Supermarkt. In etwas gehobenen Restaurants nimmt man da Toastbrot ohne Rinde und gerieben. Man kannn auch spielen. So ist eine Fasanenbrust in Vollkornpanierung ein Göttliches Gericht. In Ägypten bin ich bisher nur auf Kaninchen gestossen das in dicken Mehlkleister getunkt und in Fett gebacken wurde. So wie der Fisch in Fisch und Chips. Die Japaner haben Tempura und mein Freund Kato, der früher Küchenchef für Kikkoman in Deutschland war, hat empfohlen in den Teig vor dem backen etwas gestoßenes Eis zuzufügen. Dann muss es aber schnell gehen. Das Crash Eis im Teig explodiert im Fettbad und reißt den Teig auf. Das ist so knusprig. Auch ein wenig Backpulver hilft.
Aber zurück zu den Fernsehköchen. Die Sprüche der Köche lassen den Eindruck entstehen das zu 50 % nur Blödsinn in den Küchen produziert wird. Das ist ganz anders. Mindestens 80 % sind Blödsinn und gegenseitige Verarschung. Aber wann kochen diese Leute eigentlich in Ihren Restaurants? Das ist wahrscheinlich so wie bei uns. Meine einzige Frau in meinem Leben wurde mal von Gästen gefragt wer eigentlich kocht wenn wir nicht da sind. Sie war sehr ehrlich und antwortete darauf, das es die gleichen Leute sind, die kochen wenn wir da sind! Hier in Ägypten laufen besonders viele Kochshows im Ramadan. Meist füllige Köche geben Tipps für hungernde Menschen die in diesem Moment (Seit Sonnenaufgang nichts gegessen!) an den Lippen hängen als wenn es Heilige wären. Eigentlich ist das ein Fastenmonat, aber zum abendlichen Fastenbrechen werden unglaubliche Spezialitäten aufgetischt. Begleitet von Kochshows die aber mehr Rezeptbasiert sind und nicht auf witzige Dialoge bauen. Unsere TV Spezialisten sind Entertainer und beherrschen dieses Fach. Da die Gastronomischen Arbeitszeiten nicht konform sind mit den Gastronomischen Verdienstmöglichkeiten, haben aber alle Verständnis für diese Nebenbeschäftigung der Spitzenköche. Es ist ja so einfach mit einem Restaurant in kurzer Zeit auf eine Million zu kommen. Mann muss nur mit zwei Millionen anfangen! Gönnen wir allen das Zubrot! Ich wäre so gerne Fernsehkoch! Leider kann ich vor der Kamera kein ordentliches Wort sprechen. Da kommt nur Verbales Hackfleisch raus, oder in meinem speziellen Fall eben Verbales Kofta!

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